Mit Lachlan Macquarie als
Gouverneur in Australien (1809 bis 1821) hielt der Fortschritt Einzug in
der Kolonie. Die Verbesserungen der Wirtschaft verlieh der Regierung ein
höheres Maß an Stabilität. Macquarie initiierte ein umfangreiches Programm
von öffentlichen Baumaßnahmen, wobei er sich die Fachkenntnisse des
Exsträflings und Architekten Francis Howard Greenway beim Entwurf und Bau
von Kirchen, Krankenhäusern und Regierungsgebäuden in Sydney zunutze
machte. Nach dem Sieg Großbritanniens über Napoleon 1814 wuchs die
Bevölkerung der Kolonie. Infolge der Ankunft von größeren Zahlen freier
Siedler ergaben sich mehr und mehr Ansprüche auf landwirtschaftlich
nutzbares Land, auf dem die zunehmende Zahl von Sträflingen als Arbeiter
tätig sein konnte.
Trotzdem war diese Zeit auch von wachsenden Spannungen innerhalb von New
South Wales geprägt. Sträflinge, die ihr Strafmaß vollständig abgesessen
hatten oder infolge guter Führung frühzeitig entlassen wurden, wollten
ebenfalls Land und damit auch eine eigene Existenzgrundlage mit neuen
Chancen. Sie wurden unter der Bezeichnung Emanzipisten bekannt, und ihre
Anführer forderten mehr Rechte für frühere Häftlinge. Die freien Siedler
und ehemaligen Angehörigen des Corps, die mittlerweile als Farmer tätig
waren, vertraten jedoch weiterhin die Ansicht, dass Gesetzesbrecher auch
nach der rechtmäßigen Vollendung ihrer Haftstrafe nicht als gleichwertig
behandelt werden sollten. Anhänger dieser Gruppe wurden als Exklusivisten
bezeichnet. Macquarie tendierte ebenso wie damals Bligh dazu, die
Forderungen der Emanzipisten anzuerkennen. Er gestand ihnen
Eigentumsrechte zu und verlieh einigen Exhäftlingen untergeordnete
Amtspositionen. Infolgedessen wurden die Gegner dieser Handhabung sowohl
dem Gouverneur als auch den Emanzipisten gegenüber misstrauisch.
Die Regierung von Macquarie war kostenaufwendig, und der größte Teil der
daraus hervorgehenden finanziellen Last musste vom britischen
Finanzministerium getragen werden. Die strafrechtliche Ahndung von
Gesetzesverstößen durch die Entsendung der Verurteilten in die
Überseekolonie schien die Zahl der Straffälligen nicht zu vermindern, und
viele Menschen fragten sich, ob New South Wales wirklich die richtige
Lösung für das britische Kriminalitätsproblem sei. Außerdem war man
innerhalb der britischen Regierung auch wegen der proemanzipistischen
Politik von Macquarie besorgt. 1819 entsandte die britische
Kolonialbehörde den Richter John Thomas Bigge nach Australien, um die
Verwaltung Macquaries näher zu untersuchen und dem britischen Mutterland
Bericht zu erstatten. Bigge empfohl die Senkung der Ausgaben für die
Kolonie, sprach sich aber für den Fortbestand von New South Wales als
Strafkolonie aus. Darüber hinaus erkannte er auch die zunehmende Bedeutung
Australiens für das britische Reich als neue Heimat für freie Siedler und
machte die Bezeichnung Australien für den südlichen Kontinent populär. Die
Untersuchung durch Bigges hatte die offizielle Unterstützung der Migration
von wohlhabenderen Siedlern zur Folge, die großzügige Landschenkungen
erhielten. Darüber hinaus führte sie auch zu einer bedeutenden Veränderung
der Verfassung von New South Wales. Infolge eines parlamentarischen
Erlasses aus dem Jahr 1823 wurde die nahezu uneingeschränkte
Verfügungsgewalt des Gouverneurs durch die Einführung eines
Legislativrates aus ernannten Mitgliedern beschränkt.
1825 wurde die einstige Inselsiedlung in Van Diemens Land (Tasmanien)
infolge einer Exekutivanordnung der britischen Regierung zur britischen
Kolonie. In Tasmanien war 1803 aus Furcht, Frankreich könne
Besitzansprüche auf die Insel erheben, eine Strafkolonie errichtet worden.
Schon bald danach entstanden vergleichsweise große Niederlassungen von
freien Siedlern. Obwohl man versucht hatte, in der gleichen Zeit auch
südlich und nördlich von Sydney Siedlungen zu errichten, u. a. auch in
Newcastle (1804 gegründet), dem Vorposten der Strafkolonie, war bis zu den
zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts nur in Van Diemens Land eine große,
dauerhafte Siedlung entstanden. Während der zwanziger Jahre ging die
Besiedlung jedoch immer rascher vonstatten. 1825 wurde die Westgrenze des
von den Briten beanspruchten Hoheitsgebiets in westlicher Richtung bis zum
129. Längenkreis abermals aus Angst vor einer möglichen französischen
Intervention vorverlegt, und in der nördlichen Region Bathurst wurde eine
Siedlung errichtet. 1827 trieb Edmund Lockyer die dauerhafte Besiedlung
von Albany in Western Australia voran, und Großbritannien beanspruchte den
gesamten australischen Kontinent im Namen der Krone.
Gregory Blaxland und William Charles Wentworth erschlossen 1813 etwa 80
bis 120 Kilometer westlich von Sydney die Route durch die Blue Mountains
und leiteten damit die nach Westen drängende Besiedlung von New South
Wales ein. Zusammen mit den nach Süden führenden Trecks von Andrew
Hamilton Hume und William Hovell (1824) sowie von Major
Thomas Mitchell (1836) beschleunigten die Erkundungsfahrten von
Blaxland und Wentworth diesen Vorstoß, bei dem große Viehherden auf weiter
im Inland gelegene Weideflächen getrieben wurden. Bis 1829 war ein
bogenförmiger Streifen von etwa 300 Kilometern Breite um Sydney besiedelt
worden und hatte den Namen Nineteen Counties erhalten. Die
Kolonialregierung zeigte sich jedoch angesichts der raschen Verteilung der
Viehzücher besorgt, die als Squatter (illegale Siedler) bezeichnet
wurden, da sie lieber Lizenzen zum Besetzen" des gewünschten Landes
erwarben, als es zu kaufen. Aus Angst, die Kontrolle über die
Siedlungsfläche zu verlieren, riet die Regierung von der Besiedlung
jenseits der Nineteen Counties ab. Diese Versuche schlugen jedoch fehl,
u.a. aufgrund des steigenden Bedarfs an Wolle der britischen
Textilspinnereien.
Zwischen den späten zwanziger und den achtziger Jahren des
19. Jahrhunderts erfuhr Australien starke Umwälzungen, die die Grundlage
für die heutige Gesellschaft schufen. Dazu gehörte auch die Bildung von
vier der insgesamt sechs Kolonien, die zwischen 1829 und 1859 entstanden,
und die zu einem späteren Zeitpunkt zu den australischen Bundesstaaten
wurden, ferner das weitere Vordringen von Schaf- und Rinderzüchtern ins
Landesinnere und die Entdeckung von Gold und anderen wertvollen Mineralen. |